Differential

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Das Differential

Jedes Fahrzeug besitzt zumindest an der Achse die angetrieben ist, ein Differential, auch Ausgleichsgetriebe genannt. Dieses hat im wesentlichen zwei Aufgaben:

1. Es gleicht unterschiedliche Drehzahlen aus.
Dies ist insbesondere bei Kurvenfahrten zwischen innerem und äusserem Rad und zwischen vorderer und hinterer Achse wichtig (letzteres bei permanentem Allradantrieb). Das äussere Rad dreht schneller, da es eine längere Strecke in der gleichen Zeit wie das innere Rad zurücklegen muss. Ohne Differential, würden beide Räder gezwungen werden gleich schnell zu laufen, was zum Radieren der Räder und schlechtem Kurvenverhalten führen würde. Bei Allradfahrzeugen kommt zusätzlich noch ein Mitteldifferential hinzu, welches die Drehzahldifferenz zwischen Vorder- und Hinterachse ausgleicht, denn auch hier kann es zu Unterschieden kommen. Die hintere Achse läuft in einer Kurvenfahrt einen engeren Kreis und ist somit langsamer.
Das Differential nimmt diese Differenzen auf und arbeitet diese ab.

2. Es verteilt die Antriebskraft (Drehmoment) gleichmässig auf beide Seiten eines Fahrzeugs.
Dies ist bei Achsdifferentialen wichtig, da bei einem einseitig wirkenden Antrieb, das Fahrzeug über diese Achse mitgelenkt werden würde. Damit dies nicht geschieht und eine gleichmäßiger Geradeauslauf ermöglicht wird, verteilt das Differential das eingehende Drehmoment im gleichen Verhältnis 50:50 auf seine beiden Abgangswellen. Bei Mitteldifferentialen wird hingegen manchmal absichtlich eine ungleiche Kraftverteilung auf die Achsen gewählt. In diesem Fall wirkt sich das nicht auf den Geradeauslauf aus.

In der Regel werden offene Differentiale verbaut. Der Nachteil des offenen Differentials ist, dass die Antriebsenergie immer auf das Rad gegeben wird, welches den geringsten Widerstand hat, dem Rad also, welches die geringere Traktion aufweist. Ist ausreichend bzw. gleichmäßige Traktion auf beiden Rädern (im folgenden Abgangswellen) vorhanden, funktioniert alles wie es soll. Verliert aber ein Rad die Traktion, wie es im Gelände vorkommen kann, geht die gesamte Antriebsenergie auf dieses eine Rad. Das Fahrzeug bleibt stehen. Beim Mitteldifferential titt dieser Effekt zwischen der Kraftverteilung auf die jeweiligen Achsen auf. Um das zu verhindern gibt es Differentiale mit Sperrmechanismen, die im einfachsten Fall beide Abgangswellen einfach starr miteinander verbinden (Differentialsperre). Aber auch andere Verfahren kommen zum Einsatz. Bei diesen muss man zwischen drehzahl-, drehmoment oder elektronisch gesteuerten Typen unterscheiden. Bei den drehzahlgesteuerten Sperren müssen Zusatzsystem ewie ABS und ESP angepasst werden, um nicht fälschlicherweise einzugreifen.

Offenes Differential

Funktionsweise

Ausgebautes Differential
Das offene Differential ist dazu ausgelegt das Drehmoment gleichmässig, also im Verhältnis 50:50 auf die abgehenden Wellen zu übertragen (sei dies jetzt zu den Rädern rechts und links oder zu den Achsen vorne und hinten). Es ist fast nicht möglich mehr Drehmoment auf eine der beiden Abgangswellen zu bekommen als auf die andere. Jede Differenz wird von den Ausgleichsrädern aufgenommen. Für den Zweck des Drehzahlausgleichs bei gleicher Traktion auf beiden Seiten, ist dies auch vollkommen in Ordnung. Die Folge dessen ist aber, dass bei unterschiedlicher Traktion die Antriebskraft auf der Welle verloren geht, welche die bessere Traktion hat. Hängt eine Seite frei in der Luft, gehen 50% der Drahzahl diese Seite, die anderen 50% gehen an die Ausgleichsräder. Anders gesagt, das Rad, welches in der Luft hängt, hat fast 0 Nm Drehmoment und es gehen 50% von 0 Nm, also ebenfalls 0 Nm, auf das Rad mit Traktion. Es reicht bei einem Allradfahrzeug ohne (aktivierte) Sperren und dergleichen aus, ein Rad anzuheben um es zum Stillstand zu bringen. Da dies nicht erwünscht ist, gibt es im Bereich der Differentiale verschiedene Lösungen.



Offenes Differential mit 100% Sperre (Sperrdifferential)

Um den oben beschriebenen Effekt des Antriebsverlustes bei einem offenen Differential zu vermeiden, gibt es manuelle oder automatisch zuschaltbare mechanische Sperren. Diese schalten beide Abgangswellen starr zusammen, beide Abgangswellen drehen zwangsläufig. Damit gehört die Differentialsperre zu den 100% Sperren. Es ist die beste Möglichkeit, im Gelände den Vortrieb zu erhalten. Der Nachteil des Sperrens ist der Wegfall einer der beiden wichtigen Funktionen des Differentials: unterschiedliche Drehzahlen zu erlauben. Somit verbietet es sich, die Sperre bei guter Traktion einzulegen. Dies kann zur Beschädigung des Differentials führen.
Traktionskontrollen ersetzen übrigens eine Sperre, da diese mittels Bremseingriff auf dem schneller drehenden Rad (traktionsärmeres Rad) einen Widerstand erzeugen, so als hätte dieses Rad Traktion. Dadurch erhält das andere Rad wieder mehr Drehmoment. Diese Traktionskontrollen sind aber mit mehr Verschleiss behaftet und müssen oftmals erst angeregt werden, damit sie greifen. Eine Sperre hingegen, funktioniert verschleissfrei und ist sofort einsatzbereit.

Torsen Ausgleichsgetriebe

Torsen Typ B, durch das Loch sieht man die Schneckenräder.
Torsen ist ein Kunstwort, gebildet aus den Wörtern Torque für Drehmoment und sensitiv für das Fühlen. Es gehört zu den drehmomentgesteuerten Sperrdifferentialen. Es entsteht also nur eine SPerrwirkung, wenn ein Drehmoment übertargen werden kann. Wird ein Drehmoment übertragen (beide Räder haben zumindest eine gewisse Traktion) ermöglicht es, in einem vorgegebenen Verhältnis (Torque Bias Ratio oder TBR) das eingehende Drehmoment zu auf die Abgangswellen zu verteilen. Das langsamer drehende Rad (= mehr Traktion) erhält entsprechend dem TB Rmehr Drehmoment:

Bei einem Torsen Differential mit einem TBR von 4:1 wird bei einer Drehmomentdifferenz 4 x das Drehmoment der traktionsärmeren Welle auf die traktionsstärkere Welle übertragen. Oder anders gesagt: bei 100% eingehendem Drehmoment, gehen 20% auf die Welle mit wenig Traktion und 80% auf die Welle mit mehr Traktion. Somit bleibt der Vortrieb auch ohne 100% Sperre erhalten und es sind weiterhin unterschiedliche Drehzahlen möglich.
Geht jedoch auf einer Welle die Traktion vollständig verloren, ist dort das Drehmoment fast 0. Bei einem 4:1 TBR wird dann also 4 x 0 Nm (4 mal die Antriebskraft der Welle ohne Traktion) gleich 0 Nm auf die Welle mit Traktion übertragen. Das Torsen kann keine Sperrwirkung erzeugen und es verhält sich wie ein offenes Differential ohne Sperre. Sämtliche Antriebskraft auf der Welle mit Traktion geht verloren. Es gibt jedoch einen Trick, der bis zu einem gewissen Grad helfen kann, ein leichter Tritt auf die Bremse oder bei Handbremsen die auf die betroffene Achse wirken, kann Drehmoment auf dem Freien Rad erzeugt werden, womit dieses Drehmoment im TBR-Verhältnis auf das Rad mit Traktion geht. So kann man u.U. ein kleines Stück weiterkommen, was manchmal schon reicht.

Es gibt drei Varianten dieses Differentials (A, B und C).

Funktionsweise

Variante A

Torsen Typ A
Bei diesem Typ (auch Typ 1 genannt) wird die Antriebskraft auf das Gehäuse des Differentials übertragen. Das Gehäuse wird in Drehung versetzt. In dem Gehäuse sind mehrere Paare Schneckenräder (mind. 2 pro Welle) quer zu den Wellen angebracht, die mit dem Schneckengewinde der Abgangswellen verzahnt sind. Da die Schneckenräder das Schneckengewinde nicht drehen können, somit also das Schneckengetriebe auf der Welle gegen das Schneckenzahrad gesperrt ist, wird die Drehung des Gehäuses über die Schneckenräder auf die Welle übertragen. Solange also auf beiden Wellen die gleiche Traktion und Drehzahl vorliegt, stehen die Schneckenräder selber still und nehmen die Welle mit. Die Welle dreht in der gleichen Geschwindigkeit wie das Gehäuse und das Drehmoment wird gleichmäßig verteilt.
Drehzahlausgleich

Wenn nun auf den Wellen unterschiedliche Drehzahlen auftreten (z.B. bei Kurvenfahrt), dreht die eine Welle um Faktor X schneller als das Gehäuse und die andere um den gleichen Faktor X langsamer als das Gehäuse. Durch diese Differenz der Umdrehungszahlen zwischen Welle und Gehäuse, versetzen die Wellen über ihr Schneckengetriebe ihre Schneckenräder in Drehung (denn das Schneckengetriebe kann die Schneckenräder drehen). Über die normal 1:1 verzahnten Kopfzahnräder der Schneckenräder, wird diese Differenz aufgenommen und es wird mehr Drehmoment auf die innere langsamere Welle gegeben.
Wird das Differential in der Achse eingesetzt, ermöglicht es mit mehr Kraft durch eine Kurve zu fahren. Wird aber durch die Gewichtsverlagerung auf das äussere Rad das innere entlastet während es gleichzeitig durch das Torsen mehr Drehmoment bekommt, verliert es auch schneller die Traktion und beschleunigt auf die Geschwindigkeit des äusseren Rads, ein leichtes Duchdrehen ist die Folge. Passiert dies und bleibt die Traktionsdifferenz noch im TBR Verhältnis, sperrt das Torsen und es wird wieder mehr Drehmoment auf das äussere Rad gegeben, was dem Durchdrehen des inneren Rads entgegenwirkt. Es entsteht eine Ausgleichswirkung.

Erhalt des Drehmoments

Verringert sich bei einem offenen Differential die Traktion einer Welle, so lässt es das Differential zu, dass sich diese Welle immer schneller in Relation zu der anderen Welle dreht. Bei dem Torsen Getriebe verhält sich dies anders. Wenn einen Welle Traktion verliert und schneller werden will, würde es seine Schneckenräder in Drehung versetzen. Da diese aber über die ihre Stirnzahnräder fest mit den Schneckenrädern der anderen Welle verbunden sind, welche mehr Traktion hat und somit nicht schneller drehen will, wird ein schnelleres Drehen unterbunden und das Drehmoment auf beiden Wellen bleibt erhalten.

Variante B

Torsen Typ B
Dieses (auch Typ 2 genannte) Differential kommt ohne die geradeverzahnten Stirnzahnräder aus, indem die Schneckenzahnräder paarweise parallel zu den Wellen angeordnet werden. Daher arbeitet es geräuschärmer. Hierbei sind die Achsen der Schneckenräder an den Gehäuseseiten angebracht und rotieren somit um das Schneckengetriebe der Welle und nehmen es mit.



Variante C

Torsen Typ C
Bei diesem Typ (auch Typ 3 genannt) wird eine Anordnung wie in einem Planetengetriebe verwendet. Es verteilt das Drehmoment nicht 50:50 sondern ungleichmässig (z.B. 35:65) und eignet sich daher nur als Mitteldifferential, um den Effekt des Mitlenkes der Achse zu vermeiden.



Fazit

Es stellt sich nun am Ende die Frage, ob man sich für eine 100% Sperre, ein Torsen oder eine elektronsiche Sperre als Achsdifferential entscheidet. Die Frage nach dem offenen Differential stellt sich nicht, das ist ja von vorneherein schon drin. Gemäß den hier gegebenen Informationen kann man folgendes ableiten:

Sperrdifferentiale dienen vom Prinzip her nicht nur dem Erhalt des Vortriebs, sondern auch der Fahrstabilität. Je nach Einsatz, ist der eine Typ besser geeignet als der andere. Wir unterscheiden hier zwischen Gelände und Straße. Der Schwerpunkt im Gelände ist der Erhalt des Vortriebs, auf der Straße die Steigerung der Fahrsicherheit und Agilität.

  • Eine 100% Sperre hilft nur im Gelände, dort aber am allerbesten. Sie muss bewusst ein- und ausgeschaltet werden (Ausnahme: Auto-Locker). Da sie keine Drehzahl- und Drehmomentdifferenzen zulässt, ist sie für die Straße nicht geeignet und muss dort auch ausgeschaltet sein um Schäden zu vermeiden.
  • Ein Torsen greift in jeder Fahrsituation. Im normalen Straßenverkehr und bis zu einem gewissen Grad auch im Gelände, dort kann es aber überfordert werden. Es muss nicht bedient werden, die Wirkung ist permanent vorhanden. Es steigert die Fahrstabilität durch Wirkung auf den Giermoment des Fahrzeugs (als Achsdifferntial) und auf die Geradeauslaufeigenschaften als Mitteldifferential.
  • Ein elektronisch gesteuertes Differential

Wer also auf jeden Fall schwieriges Gelände meistern möchte oder muss, benötigt eher eine 100% Sperre. Dieses ist im Falle eines totalen Traktionsverlustes eines Rades in der Lage, das andere Rad der Achse noch anzutreiben. Allerdings muss hier bewusst die Sperre bedient werden, damit man nicht vergisst sie wieder auszuschalten. Als klassischen Einsatzbereich wäre hier z.B. das kompromisslose Offroadfahren zu nennen. Auch eine elektronische Sperre wäre hier denkbar, jedoch ist ihr Einsatz oft mit erhöhtem Verschleiß verbunden und eignet sich daher nicht für den häufigen oder dauerhaften Einsatz.

Wer mehr Sicherheit auf der Straße, bei Regen und Schnee und im Gelände Vorteile gegenüber einem offenen Differential ohne jegliche Sperrmöglichkeit haben möchte, ohne daran denken zu müssen Sperre rein/Sperre raus, der ist mit einem Torsen besser bedient. Reisefahrzeuge mit Geländeambitionen würden daher eher von einem Torsen profitieren, da es auch die Fahrsicherheit bei Einbau in der Hinterachse oder im Mitteldifferential erhöht. Es besteht auch die Möglichkeit die Geländegängikeit weiter zu erhöhen indem zusätzlich eine Differentialsperre verbaut wird, z.B. Torsen in der Hinterachse und eine 100% Sperre in der Vorderachse.

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